Spencer & Hill – Zwei Höllenhunde auf dem Weg zum Olymp

Die Generation der 1970er und 1980er erinnert sich mit einem wohligen Schauer: Ein Bud-Spencer- und Terrence-Hill-Film im Programm versprach unterhaltsames wie leicht unterbelichtetes Prügelvergnügen. Ein cooler Spruch ist das Zeichen – dann springt die Dudelmusik des Kultduos „Oliver Onions“ an, der dunkelbärtige Bär Spencer rammt den immer gleichen Gegnern seine überdimensionierten Fäuste in die Mägen während Hill alias Mario Girotti geräuschintensiv mit einer Bratpfanne assistiert. Es dauert nicht lange und beim Zuschauer stellt sich ein regressiver Zustand  ein, gepaart mit leicht nostalgischen Gefühlen.

Tatsächlich sind nicht nur die heutigen Twens bis Mittdreißiger mit dem knochenbrecherischem Duo groß geworden – auch die Generation davor kannte sie bereits. Schließlich ist Spencer, der mit bürgerlichem Namen Carlo Pedersoli heißt und in Neapel geboren wurde, vergangenes Jahr 80 geworden, der Venezianer Terence Hill wurde kürzlich 70. Das erste Mal gemeinsam vor der Kamera standen sie für den Sandalenfilm „Hannibal“ von Carlo Ludovico Bragaglia von 1959 – ohne sich zu kennen. Oliver Onions waren zu der Zeit allerdings noch weit weg, vielmehr begleiteten Bombastklänge von Carlo Rustichelli  die Schlachtszenen. Jene wurden übrigens damals von den kampferprobten Italienern nicht in gewohnter Manier dominiert, Terrence Hill spielte den Quintilius, der im Laufe des Filmes stirbt, Bud Spencer den Rutario, eine Nebenrolle.

Noch unter Zwanzig – Girotti in „Hannibal“

Obwohl das Niveau spätestens seit „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“ von 1972 auf das notorische Niveau abgesunken war – wo es Gott sei Dank auch verharren sollte – kreuzten noch einige interessante Film-Persönlichkeiten speziell den Weg Terrence Hills. Anfang der Siebziger schlugen ihm Tonino Valerii und Sergio Leone, der legendäre Westernregisseur (u.a. die „Dollar-Trilogie“ und die „Amerika-Trilogie“)  ein gemeinsames Projekt vor. 1973 kam „Mein Name ist Nobody“ in die Kinos – Terrence Hill und Henry Fonda(!) in einer der Spagetti-Western-Persiflagen überhaupt. Und so ging es weiter: Schon kurz darauf drehte er mit Miou-Miou („Eine Komödie im Mai“) und Klaus Kinski. Die beiden konnten am Set Deutsch reden – Hills Mutter ist Dresdnerin, die ersten sechs Jahre seins Leben sprach er ausschliesslich seine Muttersprache. Der Film kam unter dem Namen „Nobody ist der Größte“ 1975 in die deutschen Kinos. Die allseits bekannten Klamaukszenen hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits durchgesetzt – höchst amüsanter Streifen.

Hätten Sie ihn erkannt? Bud Spencer in „Hannibal“

Hatte nicht Kinski später einmal bekannt, sich für viele seiner frühen Schinken zu schämen? Nun, sich von „Nobody“ beim Kartenspiel vorführen zu lassen („Das waren vier Asse…verflucht selten…“) und sich später von ihm die Melone vom Kopf ballern zu lassen mag nicht ganz so monumental sein wie der Auftritt von Aguirre, dem Zorn Gottes. Könnte er dennoch seine Kollabo mit Hill gemeint haben? Man weiß es nicht – zumindest wäre es kein Zeichen von Größe. Hill drehte übrigens munter weiter mit den Filmkoryphäen seiner Zeit: In March or Die („Marschier oder Stirb“) spielte er Ende der 1970er mit Gene Hackman und Catherine Deneuve.

Pech im Spiel – Klaus Kinski als Doc Foster versus Nobody

Die Meriten von Bud Spencer sind etwas anderer Natur. In den 1950er Jahren war er Schwimmer – sieben Mal in Folge wurde er italienischer Meister in Brust- und 100-Meter-Freistil. Er war der erste Italiener, der in dieser Disziplin die Minute unterschritt. 1952 nahm Pedersoli sogar an den Olympischen Spielen in Helsinki teil. Ein Dokument dieser Aktivitäten findet sich sogar bei Youtube:

httpv://www.youtube.com/watch?v=Mpnj_SoDaaw

Lange Zeit verbrachte Pedersoli auch in Argentinien, in der italienischen Diaspora. In den frühen 1960er Jahren, Pedersoli war nach Italien zurückgekehrt, machte sich seine kreative Ader bemerkbar. Denn alle, die immer glaubten, die einzige Musik die so einen Brutalo stimulieren kann, ist das peitschende Geräusch der von ihm ausgeteilten Gesichtswatschen, müssen umdenken: Denn Bud Spencer war Komponist – er schrieb neapolitanische Volkslieder und Schlager. Und als sei dies an künstlerischer Zerbrechlichkeit nicht genug – er gründete 1965 eine Produktionsfirma, die Tierdokus drehte. Tierdokus von Bud Spencer…? Wilde Szenen, in denen sich Pedersoli mit einem Silberrückengorilla im Schwitzkasten in einer Schlammpfütze windet, auf einem Nashorn durch die Savanne reitet und rückenschwimmend den Piranha-verseuchten Amazonas überquert, schiessen einem unwillkürlich durch den Kopf. Das macht die Sozialisation, denn so war es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Denn Pedersoli ist eigentlich ein Kreativer, der alles Rohe ablehnt – mit der Rolle von Bud Spencer hat er eigentlich nichts gemein. So sagte er der Neon im Interview:

Heute mag ich Bud, auch wenn wir wirklich nichts gemeinsam haben. Er ist nicht besonders schlau – aber ich bin mächtig stolz darauf, dass Kinder ihn so lieben.

Kurios auch seine düsentriebsche Ader: Zwar ist er qua Studium kein Ingenieur, sondern (promovierter) Jurist, hat aber dennoch einige Patente angemeldet. Darunter: Das dreiläufige Jagdgewehr und der Spazierstock mit integriertem Sitz. Die Patente verfielen leider – so mancher schlecht gelaunte Rentner hätte sich mit diesen Erfindungen gehörig Respekt in seinem Lieblingspark verschaffen können. Sein Erfindungsreichtum floss übrigens auch in seine Rolle als Bud Spencer ein. So spricht er im Neon-Interview über unterschiedliche Prügeltechniken aus seiner Feder. Darunter ein Klassiker: Am Schluss einer Rauferei stürzen sich seine Gegner auf ihn, 20, 25 Figuren und dann, mit einem großen Schlag:

… Wooom! La Bomba! Ja, das ist die Bombe! Ich hau’ alle auf einmal weg! Das habe ich erfunden.

Wo rohe Kräfte sinnlos walten. „La Bomba“.

Den leicht untersetzten Gegnern pflegte er zumeist mit seiner Faust auf den Kopf zu schlagen, oder wahlweise, in einer Dreier-Combo, zunächst auf die linke, dann die rechte Schulter, bevor er mit ihnen mit einem horizontalen Gesichtsschlag die Lichter auspustet. Dazu Pedersoli:

Die Kopfnuss! Auch meine Erfindung.

Ob sie auch das Denkvermögen erhöht? Spencers Kopfnuß

Politisch durchlebte er so manche Irrungen. 2005 kandidierte er für Forza Italia, die Partei Silvio Berlusconis – gruselig. Er scheiterte und gab die Politik auf, über die er  auch sagt:

Politik ist etwas Scheußliches. Immerzu muss man Kompromisse schließen. Als junger Mann habe ich an den Kommunismus geglaubt – bis ich1952 mit meiner Schwimmmannschaft ins stalinistische Moskau geflogen bin. Ich dachte, mich würde das Paradies erwarten. Stattdessen fehlten gleich im Flugzeug die Fenster.

Auch wenn natürlich keine großen Filmprojekte von Pedersoli und Girotti mehr zu erwarten sind – der letzte gemeinsame Film liegt immerhin 16 Jahre zurück („Die Troublemaker“) – die Klassiker der beiden haben an ihrer zeitlosen Schlagkraft nichts eingebüßt.  Kabel 1 bringt sie zur Zeit wieder jeden Samstag. Heute Abend: „Zwei Asse trumpfen auf“.

Ein kleines Kuriosum noch zum Schluss:

httpv://www.youtube.com/watch?v=r0lnXcIGbyM

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