Mitt Romney – Kandidat ohne Rückenwind

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Nun steht es fest: Der Herausforderer Obamas bei den US-Präsidentschaftswahlen im November heißt Mitt Romney. Sein zentrales Wahlkampfthema dürfte klar sein: die kränkelnde US-Wirtschaft  – ein Gebiet, für das der Multimilionär geradezu prädestiniert erscheint. Doch trotz dieser Steilvorlage dürften seine Wahlchancen am Ende nicht allzu gut sein – die Republikaner geben ein zerrissenes Bild ab, Romney ist nicht ihr Traumkandidat.

Im konservativen Amerika umstritten: Mitt Romney (Bild: Gemeinfrei/Wikipedia)

Im konservativen Amerika umstritten: Mitt Romney (Bild: Gemeinfrei/Wikipedia)

Es klingt eigentlich nach paradiesischen Bedingungen für einen Herausforderer im Kampf um das höchste Amt in den USA: Wirtschaftsprognosen sehen das Wachstum bei lahmenden zwei Prozent, die Arbeitslosigkeit dümpelt bei mehr als acht Prozent dahin, die Verbraucher sind pessimistisch, kaum jemand möchte sein Geld ausgeben. Die Vereinigten Staaten sind über die Finanzkrise noch längst nicht hinweg. Und die Schuld dafür sieht jeder zweite US-Amerikaner bei Präsident Obama.

Mitt Romney müsste sich eigentlich nur noch von der Welle der Unzufriedenheit tragen lassen. Seine Nominierung steht dank seines Vorwahlsieges in Texas fest, seiner offiziellen Kür steht nichts mehr im Wege. Die Umfragen sehen Romney dichtauf, 45 Prozent würden ihn derzeit wählen, nur ein Prozent mehr votiert für Obama. Gerade bei der Wirtschaftskompetenz sehen viele den Geschäftsmann Romney vorn. Bei einem guten Wahlkampf – den der Multimillionär sich leisten kann – sollte einem Sieg nur noch wenig entgegenstehen. Eigentlich. Doch zum großen Unglück für Romney steht eine große Hürde in seinem Weg: seine eigene Partei. Mit ihren Widersprüchlichkeiten, ihrer Zerstrittenheit und dem Dogmatismus des erzkonservativen Flügels könnten die Republikaner ihrem Kandidaten Romney, der ja nun auch die Mitte der Gesellschaft einfangen will, den Wahlsieg noch vereiteln.

So dürfte etwa die Ankündigung des Immobilientycoons Donald Trump, einen riesigen Fundraiser für Romney diese Woche zu veranstalten, bei dem Kanidaten bestenfalls gemischte Gefühle auslösen. Trump hatte bis vor kurzem noch selbst Ambitionen auf die Kandidatur, macht sich jetzt aber durch sein Beharren, Obama sei nicht in den Staaten geboren, in der Öffentlichkeit lächerlich. Dass Obama seine Geburtsurkunde im vergangenen Jahr präsentiert hat, ficht Trump nicht an. Klar braucht Romney Trumps Geld. Doch derart mit einem „Birther“ (wie die fanatischen Zweifler an Obamas amerikanischem Geburtsort genannt werden) assoziiert zu werden, dürfte für ihn im Kampf um die Mitte unattraktiv sein. Und Trump ist nicht der einzige Verschwörungstheoretiker im rechten Lager. Solche Zwickmühlen werden Romney noch öfter blühen, in einer Partei die ihm merkwürdig fremd zu sein scheint.

Auch außenpolitisch kann Romney keine Akzente setzen, ohne sich in Widersprüche mit der republikanischen Partei zu verwickeln. So wollte er jüngst Obama wegen dessen Syrien-Politik attackieren. Durch eine „Politik der Lähmung“ habe Obama dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad die Ermordung von 10,000 Zivilisten ermöglicht, sagte er. Man müsse stattdessen die Opposition aufrüsten. Dumm nur, dass seine eigene Partei das in großen Teilen nicht so sieht. Nach Afghanistan und dem Irak ist man kriegsmüde, ebenso wie die Bevölkerung. Doch die Republikaner wären nicht die Republikaner, gäbe es nicht in ihren Reihen Senatoren wie John McCain und Lindsey Graham aus South Carolina, die für Luftschläge gegen das Terror-Regime Assads sind. Von einer einheitlichen Position ist man an der Spitze der Republikaner weit entfernt. Romneys Positionen aber sind bestenfalls zahnlos.

Doch es kommt noch ein weiteres Problem hinzu für den ehemaligen Gouverneur von Massachusetts: Ständig gibt es in den eigenen Reihen Leute, die meinen, es besser zu können. Im Vorwahlkampf konnte der Konservative Rick Santorum die Stimmen des bibeltreuen Amerikas gegen Romney holen. Der ultrarechten „Tea Party“-Bewegung wäre so gut wie jeder andere Kandidat lieber gewesen als Romney, der millionenschwere Wendehals, der vor nicht allzu langer Zeit noch für das Recht auf Abtreibung eintrat. Anders als Konsenskandidaten wie seinerzeit Ronald Reagan, der in nahezu allen Lagern beliebt war, könnte dieses Sperrfeuer Romney den Sieg kosten. Denn beim Kampf um die Mitte muss er von einigen der rechtskonservativen Positionen, die er sich während der Vorwahlen quasi über Nacht angeeignet hat, wieder abweichen. Damit aber wird er den rechten Flügel der Republikaner gegen sich aufbringen.

Dies wird das zerstrittene Bild des rechten Lagers in der Öffentlichkeit noch verstärken. Und sollte die Wirtschaft dann auch noch zulegen, wird Romneys Kompetenz in diesem Feld nicht mehr benötigt. Als Geschäftsmann mag er ein gutes Händchen haben, als Präsidentschaftskandidat fehlt ihm der nötige Rückenwind.

Erschienen auf Yahoo! Nachrichten

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