In 481 Tagen um die Welt

Warum sollte man mit dem Fahrrad von Australien nach Kopenhagen fahren? „Weil’s klimafreundlich ist.“ Und wer um Himmels Willen sollte das tun? Kim Paul Nguyen zum Beispiel. Der Sozialarbeiter aus Canberra wollte unbedingt in Kopenhagen dabei sein – allerdings nur, wenn er sich dafür keine zusätzliche Klimaschuld auflädt. „Und da ist das Fahrrad halt einfach das naheliegendste Reisemittel“, sagt Nguyen. Porträt bei Klimaretter.info vom 8. Dezember 2009 von Lars Dittmer

Ja mir san mim Radl da - Kim Paul Nguyen in Kopenhagen (Foto: Lars Dittmer)

Einmal Canberra – Kopenhagen und zurück verursacht mit dem Flugzeug etwa zwölf Tonnen Kohlendioxid – so viel wie zwölf Inder in einem ganzen Jahr produzieren. Und immer noch mehr, als ein Durchschnittsdeutscher pro Jahr verursacht.

„Wo ich auch hinkam, der Klimawandel war schon da“

Losgeradelt ist der Australier im August 2008. 90 Tage brauchte er durch seine Heimat. Am Tag 133 erreichte Nguyen Westtimor, Indonesien. Am Tag 207 traf er in Luang Prabang, Nordlaos, ein. Einhundert Tage später erreichte der 28-Jährige Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei. Als Kim Paul Nguyen in Georgien ankam, saß er bereits seit einem Jahr im Sattel. Am 406. Tag – Ankunft auf europäischem Boden, in Istanbul. Mitte November, am 466. Tag seiner Reise, rollte Nguyen in Berlin ein. „Der Himmel ist trist und grau, wie schon die ganze Zeit seit Serbien“, schrieb er an jenem Tag in den Blog, wo alle seine Stationen nachlesbar sind.

Ist es nicht einsam, all die Tage, Wochen, Monate auf dem Sattel? „Überhaupt nicht“, sagt Nguyen. Natürlich habe er zwischendurch Ruhetage eingelegt, und da lernte er überall auf der Welt interessante Menschen kennen. Und dann hatte er ja dazu aufgerufen, sich seinem „Ride Planet Earth“ anzuschließen. Mit erstaunlichem Erfolg: „Bei unserer Ankunft in Kopenhagen waren wir um die 60 Leute.“

Durchschnittlich schaffte Nguyen 60 Kilometern pro Tag. Längere Pausen gab es zwischenzeitig auch mal, so musste Kim seine Reisekasse durch Arbeit aufbessern. „Meine Ersparnisse deckten etwa 80 Prozent meines Bedarfs, reichten aber nicht für die ganze Tour.“ Und freilich blieb die Tour de Earth auch nicht blessurenfrei – aufgeplatzte Lippen waren noch das Harmloseste. „In Australien und Osttimor kollabierte ich, einmal schlug ich mit dem Gesicht auf der Straße auf. Ach, und in Indonesien bekam ich Typhus.“ Dennoch bereue er keine Sekunde: „Diese Tour war das Beste, was ich in meinem Leben gemacht habe.“

Vor allem weil er gesehen hat, wie spät es bereits ist: „Wo ich auch hinkam: Der Klimawandel war schon da“, berichtet Kim. „Wir haben Videos mit Nachrichten all der Menschen zusammengestellt, die schon heute mit der Erderwärmung konfrontiert sind.“ Diese Dokumente will Kim der australischen Delegation in Kopenhagen übergeben – sein Land gehört beim Klimaschutz eher zu den Bremsern.

Allerdings: Ganz ohne Flugzeug ging es auch bei Kim Paul Nguyen nicht. „Größere Wasserflächen habe ich zwar immer versucht, mit der Fähre zu passieren. Von Australien nach Ostttimor aber gibt es gar keine mehr. Da blieb dann nur das Flugzeug.“

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