EU ringt um Agrartreibstoffe

Verschiedene Dokumente haben die EU wachgerüttelt: „Bio“treibstoffe zerstören die Lebensmittelproduktion und die Regenwälder – die Wirtschaft macht derweil Stimmung gegen die Erkenntnisse //
Agrardiesel und andere „grüne“ Treibstoffe, die von Europäern getankt werden, können unbeabsichtigte Konsequenzen für tropische Regenwälder und Feuchtgebiete haben, räumt die EU nun in einer Reihe von Berichten ein. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Die EU hegt offenbar Zweifel an der bisherigen Subventionspolitik. Artikel im News-Bereich von BOS Deutschland vom 5. März 2010 von Lars Dittmer

„Die simulierten Effekte der EU-Agrartreibstoffpolitik lösen Eruptionen auf den Agrarmärkten aus,“ warnt ein Vorabbericht die EU-Politiker. Bislang war das angepeilte Ziel der EU, bis 2020 zehn Prozent der Treibstoffversorgung aus erneuerbaren Energien zu beziehen. In der EU gibt es nun Stimmen, die dieses Ziel binnen einer Vier-Jahres-Frist erneut prüfen wollen.

„Falls der Anbau von Agrargütern für Biodiesel weiter in dieser Form von der EU unterstützt wird, wird massenweise Land in Lateinamerika und Asien in Agrarflächen konvertiert,“ warnt ein weiterer Bericht. „Die möglichen Umweltschäden, die daraus erwachsen sind massiv und kaum reversibel.“ Die Warnungen sind nicht neu – Umweltschutzaktivisten weisen schon seit Jahren auf die Probleme hin. Etwa 116 Dokumente, die mit dem Thema befasst sind werden derzeit diskutiert, weitere werden erwartet.

Die EU scheint aufgerüttelt – wenn sie auch im Moment noch versucht, intern die möglichen Schäden zu quantifizieren. „Offizielle Angaben gibt es noch nicht,“ sagte eine Sprecherin des europäischen Energieministers Günther Öttinger. „Die große Menge an Papieren zeigt allerdings, dass die Kommission die Problematik sehr ernst nimmt.“

Der Kampf innerhalb der Kommission hat auch ganz klar einen wirtschaftlichen Hintergrund. Ein interner Brief eines Agrarexperten warnt, dass eine 5-Milliarden-Euro-Industrie „sterben“ würde, käme der volle Kohlendioxid-Fußabdruck der Branche zum tragen. Auch Lobbyisten der Bioethanol-Industriegruppe Ebio, haben die derzeit unübersichtliche Faktenlage genutzt um bei den Politikern gegen die Mahner Stimmung zu machen.

Die indirekte Landumwidmung in Agrarplantagen hat speziell die Palmölindustrie frühzeitig ins Visier von Umweltschützern gebracht. „Bio“-Treibstoffe stehen in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und werden heutzutage nicht selten an Orten angepflanzt, wo früher intakte Regenwälder standen. Wollte man den Durst der EU nach Agrarteibstoffen befriedigen, müsste man zusätzliche 5,2 Millionen Hektar Land bis 2020 finden, bescheinigt eine Studie. Das ist eine Fläche, größer als die Niederlande. Woher nehmen und nicht stehlen, sagt man sich nun in der EU.

Die Wälder werden oft brandgerodet und stoßen immense Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre – nicht einmal theoretisch könnte ein so produzierter Treibstoff klimafreundlich sein. Experten gehen davon aus, dass, falls gerade einmal 2,4 Prozent des europäischen Agrarsprits aus Palmöl gewonnen würde, das auf früheren Torfböden gezogen würde, wäre jeder Gewinn fürs Klima null und nichtig.

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